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Bekommt der Condor noch drei Tage?

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Mitten in die Weltmeisterschaft fallen die Nachrichten aus dem Untersuchungsausschuss zur NSA Affäre ein. Die Aufregung, dass unserer Nachrichtendienste an der Verletzung der Grundrecht eifrig mitarbeiten bleibt von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt. So gesehen ist die Fussball-WM ein Glücksfall für die Politik.

War es das nun?

Als die Bürger der USA im Nachgang zu Watergate langsam zu begreifen begannen, in welchen illegalen Aktivitäten ihre Regierung und deren Organisation verstrickt war, begann eine lange Phase von Filmen, die sich genau dieses Themas annahmen. Sie prägten ein Bild des Misstrauens gegen den Staat und betonten die Wichtigkeit einer funktionierenden Presse und einer aufmerksamen, kritischen Bürgerschaft. Beispielhaft in seiner Wirkung in dieser Phase, greife ich mal Three Days of the Condor heraus, obwohl der damals von Pollack und Redford gar nicht so gemeint war.

Welche Spuren werden die Enthüllungen des NSA Ausschusses heute hinterlassen. Wird es eine Welle von Filmen geben, die die Situation aufnehmen und düstere Zukunftsvisionen über Bürger, die durch den Staat bedrängt und bedroht werden, da dieser in seiner Sammelwut jede noch so private Verfehlung seiner Bürger kennt und diese Informationen für seine Zwecke benutzen kann.

Der Boden für solche Kreativität scheint mir bereitet. Was wäre nicht alles denkbar? Nachrichtendienste, die durch das gezielte Ausspielen von nachrichtendienstlichen Erkenntnissen von Skandalen in anderen Bereichen ablenken? Ein Staat, der alles tut, schaltet und waltet wie es ihm beliebt und immer dann, wenn er durch zu wache Bürger oder Journalisten bedroht ist, einfach Skandale publik macht, und damit die Medien viel perverser missbraucht. In der Konsequenz gibt es ein Dauerfeuer von Skandalen, die niemand mehr richtig durchschaut und die wie ein Nebel den Blick auf die echten Probleme wirksam verhindert.

Wie kann in einer solchen Welt Demokratie noch funktionieren? Scheinbar gar nicht. Denn immer mehr tendieren gerade die Vertreter der modernen Demokratie zu Hinterzimmergespräche für alle Möglichen Themen. So werden Handelsabkommen unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Die Besetzung zentraler Funktionen nicht durch Wahl sondern durch interessensgeleitete Einflussnahme gesteuert, wie das auf Ebene der EU immer wieder geschieht.

Wenn die Deutsche Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft für sich entscheiden kann, wird der NSA Ausschuss wohl weiter keine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit erfahren. Und die eigentlich überfällige Debatte über die Balance zwischen Nachrichtendienst und Privatsphäre, zwischen Terrorbekämpfung und die Schutz der Grundrechte der Bürger wird weiter verschoben…

Vielleicht kommen dann aber in ein bis zwei Jahren Filme mit dem Thema und ermöglichen eine Wiederaufnahme des Diskurses, wie damals in den 70ern.