Archiv für den Monat: März 2014

Wohin „steuert“ die Steuerdebatte…

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Ich finde an der aktuellen Debatte um Steuersünder drei Dinge bemerkenswert:

1. Wem hilft es, wenn Steuersünder ins Gefängnis müssen?

Niemandem. Wenn Hr. Hoeneß jetzt im Gefängnis sitzt, kostet das nur noch mehr Steuergeld. Und auch, wenn er nun seine Steuern nachzahlt. Die Rechnung der öffentlichen Hand wird durch die Kosten für die Justiz und deren Vollzug belastet.

Ich bin dafür, das Steuerverbrecher dort getroffen werden, wo sie es nicht mögen: im Geld. Sie sollen durch sehr hohe Strafen/Geldbußen einfach dort betroht werden, wo es ihnen am meisten schmerzt. Ihr Geld ist ihnen wichtig. Und diese Art der Strafe kostet den Staat fast nichts. Buße festlegen, eintreiben. Aus, fertig. Der Sünder kann noch Rechtsmittel einlegen, aber mehr ist dann nicht mehr.

Und  noch einenUnterschied zum Bankräuber und Mörder gibt es für Steuerhinterzieher: sie verschweigen ihre Einkünfte, sind aber keine Gewaltverbrecher. Sie missbrauchen das Vertrauen des Staates und werden in der Folge mit einer Geldbuße belangt, aber niemand wurde durch sie in das Krankenhaus gebracht, oder keine Bank ist bankrott gegangen durch sie. Aber wer Steuern hinterzieht sollte nicht mehr als Vorstand, Geschäftsführer oder Aufsichtsrat tätig sein dürfen. Damit wäre eine wichtige im Moment wäre das noch möglich. Wenn vielleicht auch anrüchig. Man darf nicht vergessen, dass Karl-Heinz Rummenigge im Vorstand vom FC Bayern sitzt und wegen Steuerhinterziehung vorbestraft ist.

2. Was bedeutet es, wenn der Staat sich von Verbrechern Daten kauft?

Angeblich kein Verbrechen? Offenbar nicht.Aber ein schaler Beigeschmack bleibt. Denn wer sind den die Leute, die die CDs dem Staat andienen? Ehrenwerte Menschen, die ihr Handeln aus Gewissensbissen heraus rechtfertigen? Wohl eher nicht. Sonst würden sie kein Geld dafür nehmen.

Und wer sagt denn, dass diese Leute nicht gezielt Interessen gegen die Einzelnen von den CDs betroffenen verfolgen. Indem man vielleicht der Steuer einen Konkurrenten ausliefert und damit selbst einen Vorteil hat? Was denn, wenn die Daten vorher sorgfältig gefiltert wurden. Dann sind vielleicht nur andere die eigentlichen Gewinner? Und wir glauben nur, dass der Kauf der CDs endlich Gerechtigkeit schafft. Dabei untersützen wir die Verbreitung von weiterem Unrecht, weil die eigentlichen Nutznießer sich einfach entziehen. Stattdessen freut der Pöbel sich an den öffentlichen Zurschaustellungen. Ist das gerecht – wohl kaum. Sollte sowas den rechtsstaatlichen Prozess ersetzen – nein.

3. Wozu nützt die Selbstanzeige im Strafrecht für Steuersünder?

Die Selbstanzeige kommt aus einem anderen Jahrhundert – und aus einer interessanten Zeit (http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstanzeige). Sie kommt aus der Geburtsstunde der Weimarer Republik. Irgendwie hat sie seither jede Regierungsform überlebt. Und allein das ist schon interessant. Wenn man den Vergleich wagt, welche Rechte und Pflichten die Zeiten nicht überstanden haben, so ist das schon bemerkenswert.

Ich weiss nicht, wer zuerst die Idee zu einer solchen Sonderregelung hatte, die ja einzigartig ist im Strafrecht: wenn sich der Steuersünder bevor er erwischt wurde exculpiert sich strafbefreiend durch Nachzahlung DER NICHT VERJÄHRTEN hinterzogenen Steuern. In keinem anderen Straftatbestand ist eine solche Möglichkeit gegeben. In KEINEM. Ein Taschendieb kann sich nicht strafbereiend mit dem Diebesgut bei dem Geschädigten melden und ihm das gestohlene Gut wiedergeben und damit straffrei bleiben. In den Augen des Gesetzes, ist der Diebstahl vollzogen und auch wenn noch unentdeckt dann durch Rückgabe nicht ungeschehen gemacht. Er kann juristisch belangt werden und in den Knast wandern.

Warum die Ausnahme für Steuersünder. Mein Eindruck ist, das damit der Steuersünder als eine Art Gentlemen Verbrecher bewertet wird. Ein Bürger, der zwar die Früchte aus dem Staatswesen nutzen aber nichts dafür leisten will, wird so verharmlost. Das darf nicht sein. Daneben ist die Steuererhebung auch ungerecht: der normale Bürger hat seine Steuern gleich abgezogen bekommen, von der Bank, vom Arbeitgeber und muss dann dem Finanzamt gegenüber rechtfertigen, was er zurückhaben will. Der Steuersünder hat in der Regel Einkünfte, die er erst einsackt und später entscheidet, wie er das dem Finanzamt erklärt. Damit genießt er schon mehr vertrauen als der Normalbürger und darf dann auch noch  ungestraft schummeln?

Das muss weg. Und es gibt keinen Grund der dagegen spricht.

Bei allem Gejubel über das ach so unabhängige Rechtssystem fehlt mir die Diskussion um diese Fragen. Denn das Hoeneß jetzt mehr oder weniger öffentlich gerichtet wird, befriedigt die Auflagensucht im schwindenden Blätterwald, ändert aber nichts an dem Problem des Umgangs mit Steuersündern.

Was wird aus den Piraten bzw. den Inhalten, die sie populär machten?

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Es ist still um sie geworden. Anfänglich als Revolutionäre betrachtet, die die klassische Parteienlandschaft erschütterten. Bzw. es ist in der politischen Debatte still geworden. Ansonsten machen die Piraten nur noch durch Austritte Schlagzeilen. Und durch Mitgliederschwund.

Bisher haben sie nur bewiesen, das die absolute Basisdemokratie auch durch Technik nicht besser funktioniert. Obwohl die Software, LiquidFeedback, die es ermöglicht, schon eine Hilfe ist.

Und das eine Partei ein einigendes Thema braucht ist nicht neu, aber die Piraten haben bewiesen, dass viele Leute nicht einfach auch viel Impulskraft erzeugen.

Aber wir stehen vor großen Herausforderungen für die nächsten Jahre. Die Art und Weise wie das Internet unsere Gesellschaft formt erfordert eine kompetente Diskussion über die Art wie wir die Privatsphäre, die Freizügigkeit von Geschäften im Internet, Schutz vor großen Internetkonzerne, die die Wirtschaft durch technische Monopole aushebeln.

Die aktuell laufende CEBIT macht es deutlich: es entstehen heute immer schneller neue Techniken, Methoden, deren Folgen nicht sofort erkennbar sind. Beispiel „Big Data“. Früher wurden diese Daten auch schon gesammelt. Aber die Logfiles konnten nicht systematisch ausgewertet werden. Big Data heisst, dass erst jetzt viele Daten verarbeitet werden können. Die Daten selbst liegen aber schon lange vor. Dh. was vor Jahren in den See der Daten geworfen wurde, kann nun systematischer ausgewertet werden.

Wie wird im Rahmen des Datenschutzes mit solchen Sammlungen umgegangen?

Interessant ist auch, dass ganze Branchen Geld mit den Daten von Privatbürgern machen. Aber was erhält der Bürger dafür? Nichts. Es ist wie eine Spende Blut. Man selbst fühlt sich ein wenig benommen, bekommt vielleicht ein Essen, aber die eigentliche Kohle scheffeln diejenigen, die das Plasma dann weiterveräußern. Wie lange sollen Geschäftsmodelle, die auf einen Datenaderlass beruhen noch laufen können? Und wer führt die Diskussion mit Sachverstand an? Solche Diskussionen müssen fachkundig moderiert werden.

Was ist wo noch Recht und Rechtes im Internet? Auch hierzu muss es langsam einen Weg geben, der es erlaubt, Rechtsstaatlichkeit auch im Internet durchzusetzen.

Parteien sollen der politischen Willensbildung dienen. Aber wenn sich keine Partei findet, die sich in diesen Bereichen wirklich auskennt und einmischt, wirds brenzlig.

Die Piraten verlieren auch immer mehr Mitglieder, die auch für einen solche Diskussion zu haben gewesen wären. Wenn die nun für immer aus der politischen Arena verschwinden, geht der Diskussion in diesem Land echt was verloren  – und  das nicht nur ein bunter Haufen – sondern die bunte Diskussion, um Themen, mit denen wir im Alltag offenbar fremdeln, die aber Immer relevanter werden.

Soll es so weitergehen, dass es Unternehmen gibt, die mit großen Investitionen und unter hohem Konkurrenzdruck das Netz dem Nutzer zur Verfügung stellen und die Anbieter von Inhalten dieses einfach kostenlos nutzen können?

Wollen wir zukünftig ein Internet, das wie ein Kabelnetz funktioniert, wo jeder Inhalteanbieter für die Verteilung seiner Daten im jeweiligen Netz bezahlt? Wie soll das Internet zukünftig wirtschaftlich organisiert sein?

Und das sind Themen für die die Piraten sich hätten einbringen können. Manche der Themen, die sich um das Internet ranken sind wie ehemals der Umweltschutz. Zuerst nur von einem Teil der Bevölkerung wahrgenommen und intensiv diskutiert und nun, nach vierzig Jahren allgegenwärtig. Doch wo wäre der Umweltschutz heute ohne Sie?

Kurze Erinnerung: der Umweltschutz war auch geprägt von Katastrophen: die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl, die Verseuchung des Rheins durch Ciba-Geigy, und einige weitere beförderten das Thema ebenso. Aber die Kollateralschäden waren enorm. Ohne eine aktive Diskussion sind wir vermutlich dazu verdammt, diese Kollateralschäden zu erleiden, bevor wir das Thema so ernst nehmen, wie es ist.

 

Radfahrer vs. Autofahrer? Hat diese Debatte Sinn?

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Verkehr in Berlin: Wie ein Radfahrer einen Unfall verursacht | Berlin – Berliner Zeitung.

Der Artikel in der Berliner Zeitung erregt die Gemüter.

Aber das zu Unrecht.

Ich fahre seit mehr als 15 Jahren jeden Tag mit dem Fahrrad ins Büro. Dabei habe ich in Berlin regelmäßig pro Tour 10 km quer durch die Stadt zurückgelegt.

Glaubt man den Statistiken bin ich damals, vor 15 Jahren ein Einzelfall gewesen. Bis heute haben sich die Verhältnisse verändert. Der Anteil derer, die es mir gleich tuen, hat sich in Berlin verdoppelt.

Damit muss auch ein Umdenken einher gehen. Auf Seiten der Radfahrer muss klar werden, dass Regeln tatsächlich nicht optional sind. Regelkonformität ist der Preis für sichereres tägliches Teilnehmen am Strassenverkehr – klingt langweilig aber ist leider so.

Auf Seiten der Autofahrer muss aber auch klar sein, dass Fahrräder nicht nur häufiger vorkommen, sondern gleichberechtigt am Verkehr teilnehmen dürfen.

Um für die Städte die Situation beherrschbar zu machen, muss aber auch ein Umdenken stattfinden, was die Planung von Verkehrswegen angeht. Das Auto repräsentiert nur noch ein Drittel der Verkehrsteilnehmer. Nicht mehr die absolute Mehrheit. Regeln und Verkehrsgestaltung darf daher nicht mehr nur auf die Autofahrer abgestellt werden.

In Köln und Bonn ist man den Weg gegangen Fahrradwege zu forcieren und entsprechende Ampelschaltungen an den steigenden Fahrradverkehr anzubinden. Mit einer interessanten Konsequenz: die Beachtung der Verkehrsregeln wird auch unter Radfahrern besser.

Die Diskussionsbeiträge zu dem o.g. Artikel der Berliner Zeitung läßt vermuten, dass der Grabenkriegerrhetorik beider Lager lange Zeit noch die Bühne gehören wird. Vernunft ist auf beiden Seiten im Moment selten oder eher schweigend vertreten.