Kategorie-Archiv: Verkehr

Radfahrer und Fußgänger

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Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, dass Radfahrer und Fußgänger so gut harmonieren, dass sie sich den Bürgersteig teilen können?

War das nur eine Schnapsidee, geboren aus dem Wunsch, die Autofahrer nicht gegen sich aufzubringen und in Zeiten, als niemand voraussehen konnte, dass Radfahren so populär werden würde?

Die Radwege auf den Bürgersteigen führen besonders an Kreuzungen immer quer durch die Phalanx der Fußgänger.

Fahrräder sind mehr als 5mal schneller unterwegs als Fußgänger. Irgendwie ist das Kombinieren von Fußgängern und Fahrradfahrern auf der gleichen Fläche so, als würde man die rechte Spur der Autobahn zur Spielstraße machen.

So kann es also niemand verwundern, wenn es immer wieder zu Unfällen zwischen Fußgängern und Radfahrern kommt. Und es wird schlimmer, wenn immer mehr Menschen sich für das Fahrrad entscheiden. Denn die Fahrradwege auf den Bürgersteigen bleiben uns sicher noch lang erhalten – und stellen an Ampeln, rund um Bushaltestellen und Straßenbahnhaltestellen eine dauerhafte Gefährdung dar.

Aber wird das die Diskussion in die richtige Richtung lenken? Es geht bei der Diskussion um die Umverteilung der Verkehrsfläche in den Städten. Wir können nicht für alles neuen Platz schaffen. Wenn sich das Verhalten der Bewohner der Städte ändert, muss auch die Allokation von Fläche und Ressourcen sich anpassen.

Die schlechte Nachricht: die Autofahrer müssen Fläche teilen. Die fast gleich schlechte Nachricht ist, dass wir nicht mehr so viel Platz haben, um einem Verkehrsmittel Fläche exklusiv zur Nutzung zu überlassen. Es muss überall geteilt werden:

  • Busspuren zwischen ÖPNV, Taxi und oftmals auch Fahrräder
  • Straßen zwischen privatem Verkehr, ÖPNV und in Teilen Fahrräder

Was ist also von der Idee von Fahrradstraßen zu halten? Ist es überhaupt möglich Fahrrädern exklusive Nutzung von Flächen in den Städten einzuräumen? Offenbar nicht. Die meisten Fahrradstraßen erlauben die Nutzung durch die Anlieger. Ich glaube, das ist jedoch die falsche Vorgehensweise. Man kann neue Fahrradstraßen in den Randgebieten bauen oder bessere Fahrradwege. Aber dort, wo die Unfälle passieren und die Probleme liegen, bringt diese Vorgehensweise nichts.

Es kann nicht immer nur darum gehen, Verkehrsfläche exklusiv für eine bestimmte Nutzung zu machen. Es muss darum gehen, die Verkehrsteilnehmer daran zu gewöhnen, dass Teilen der Fläche und damit auch das Akzeptieren der jeweils anderen Verkehrsmittel und -teilnehmer. Das ist besonders wichtig in den Städten.

 

Fahrradfetisch

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Ich bin jeden Tag mit dem Fahrrad unterwegs. Da wundert es nicht, wenn man bei der Auswahl des Rades ein wenig mehr Sorgfalt walten läßt als vielleicht andere, die ihr Rad nur gelegentlich nutzen.

Dabei scheint es bei Radfahrern jedoch typisch zu sein, diese Sorgfalt zu übertreiben. Ich analysiere hier mal die drei auffälligsten Krankheitsbilder des „Fahrradfetisch“:

Edelradfetisch

Edelräder werden häufig von Menschen gekauft, die ihr Rad selten oder nur nutzen. Dafür wird das Fahrrad wie der Schatz der Nibelungen behandelt. Nur auserlesenste Einzelteile und Sonderanfertigungen kommen in Frage. Gern darf so ein Fahrrad den Preis eines mittleren Gebrauchtwagens verschlingen – man ist es sich wert. Oft kombiniert der Typ die eigene Bekleidung mit ebensolchen Anforderungen.  Dabei kommt es oft zu stilistisch fragwürdigen Erscheinungen: das hochmoderne Tour-de-France-taugliche Rennrad. Drauf sitzend in der Bekleidung des Lieblingsteams ein leicht übergewichtiger Fahrer, der darin eher aussieht wie eine Presswurst. Die Geschwindigkeit ist dabei oft gut haltbar auch für jene, die grad ihr Klapprad wiederentdeckt haben. Der Grund dafür ist aber oft nicht mangelnde Kondition oder Training, sondern oft das Gefolge, bestehend aus Ehefrau/Freundin, die sich auf einem deutlich älteren Modell abmüht, die Begeisterung des Vorfahrers zu teilen.

Fahrradprofi

Nutzt sein Fahrrad nicht nur zum Lebenserwerb, sondern gestaltet den Tag rund ums Fahrrad. Alles wird mit dem Fahrrad erledigt, alles am Fahrrad ist darauf ausgerichtet, alltagstauglich zu sein. Während dieser Typ durch professionelle Zurückgenommenheit auffällt, liegt der Fetisch hier in der Einstellung: alles muss fahrradtauglich sein. Es wird ständig ein Verteilungskampf um den knappen Strassenraum mit Autos, Bussen, Taxifahrern und Fußgängern gekämpft.  Die hierbei begangenen Ordnungswidrigkeiten und Strafverstöße werden als Notwehr bewertet.

Fahrradprotzer

Das Fahrrad wird als Schmuckstück gern vorgeführt und zur Bewunderung freigegeben. Oft mit dem Edelradfetisch verwechselt, ist dieser Typ dadurch unterscheidbar, dass er dabei sein Fahrrad in einem Zustand für ein filigranes Kunstwerk betrachtet und behandelt, dem Berührung und Benutzung Schaden zufügen können. Ebenso, wie Sammler ihre Stradivari immer unter Glas halten und nicht mehr Benutzen, ist dieser Typ eher auf das Ausstellen, als auf das Nutzen seines Fahrrades aus. Interessanterweise ist dieser Typ gleichzeitig verschwenderisch, was das Fahrrad angeht, und sparsam, was alle anderen Lebensbereiche betrifft. So kann es vorkommen, diesen Typ in der Bahn zu treffen, und zu beobachten, wie dieser ein ganzes Radabteil für sich und sein Fahrrad blockiert, nur um sicher zu stellen, dass die anderen Räder dem eigenen keine Schramme oder anderen Schaden zufügt („Vorsicht, die Felge ist grad neu gerichtet worden…“).

Ich bin nur ein Amateur was solche Beobachtungen angeht. Wenn Sie noch weitere Typen kenne, würde mich ein Kommentar sehr freuen!

Kategorie: Mobilität, Verkehr

Radfahrer vs. Autofahrer? Hat diese Debatte Sinn?

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Verkehr in Berlin: Wie ein Radfahrer einen Unfall verursacht | Berlin – Berliner Zeitung.

Der Artikel in der Berliner Zeitung erregt die Gemüter.

Aber das zu Unrecht.

Ich fahre seit mehr als 15 Jahren jeden Tag mit dem Fahrrad ins Büro. Dabei habe ich in Berlin regelmäßig pro Tour 10 km quer durch die Stadt zurückgelegt.

Glaubt man den Statistiken bin ich damals, vor 15 Jahren ein Einzelfall gewesen. Bis heute haben sich die Verhältnisse verändert. Der Anteil derer, die es mir gleich tuen, hat sich in Berlin verdoppelt.

Damit muss auch ein Umdenken einher gehen. Auf Seiten der Radfahrer muss klar werden, dass Regeln tatsächlich nicht optional sind. Regelkonformität ist der Preis für sichereres tägliches Teilnehmen am Strassenverkehr – klingt langweilig aber ist leider so.

Auf Seiten der Autofahrer muss aber auch klar sein, dass Fahrräder nicht nur häufiger vorkommen, sondern gleichberechtigt am Verkehr teilnehmen dürfen.

Um für die Städte die Situation beherrschbar zu machen, muss aber auch ein Umdenken stattfinden, was die Planung von Verkehrswegen angeht. Das Auto repräsentiert nur noch ein Drittel der Verkehrsteilnehmer. Nicht mehr die absolute Mehrheit. Regeln und Verkehrsgestaltung darf daher nicht mehr nur auf die Autofahrer abgestellt werden.

In Köln und Bonn ist man den Weg gegangen Fahrradwege zu forcieren und entsprechende Ampelschaltungen an den steigenden Fahrradverkehr anzubinden. Mit einer interessanten Konsequenz: die Beachtung der Verkehrsregeln wird auch unter Radfahrern besser.

Die Diskussionsbeiträge zu dem o.g. Artikel der Berliner Zeitung läßt vermuten, dass der Grabenkriegerrhetorik beider Lager lange Zeit noch die Bühne gehören wird. Vernunft ist auf beiden Seiten im Moment selten oder eher schweigend vertreten.

 

Wann kommt der ADAC 2.0?

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Manipulation beim ADAC: Reaktionen aus der Autobranche – Auto & Mobil – Süddeutsche.de.

Der ADAC trägt seine Mitgliederzahl wie ein Schild vor sich. Und dabei vergaß er seine Schuld gegenüber seinen Mitgliedern.

Warum ist den Verantwortlichen beim ADAC kein schlechtes Gefühl hochgekommen, als die Auswertungen zum Gelben Engel auch intern immer mehr zur Geheimsache wurden.

Schon die ersten Äußerungen des ADAC zu den Enthüllungen der SZ (wobei wir uns hier wahrscheinlich eher bei dem Unbekannten, einem internen Edward Snowden im ADAC, bedanken müssten), die immer von statistischer Richtigkeit der Ergebnisse sprachen, hatten was von einem Eingeständnis. Warum hat man ein solches Handeln in der Kommunikation überhaupt zugelassen? Der Vorstand, der das durchgehen läßt kann sich nicht mehr als unwissend oder hintergangen hinstellen. Vielleicht bleibt hier noch ignorant. Aber dann wäre das ein guter Grund den gesamten Vorstand zu entpflichten.

Und dann die Firmenkultur. Der ADAC baut mit allem was er tut auf das Mitgliederpotenzial. Aber scheinbar ist die bloße Zahl an Mitgliedern genug. Eine  Beteiligung der Mitglieder an dem Treiben des ADAC scheint den ADAC eher zu stören. Solange sie zahlen, sind die Mitglieder beteiligt genug.

Was kann, was muss geändert werden?

Schaffung echter Mitgliederbeteiligung. Wenn es stimmt, dass die Stimme des Verbrauchers fehlt, was den Konsum von Autos angeht, so wäre der ADAC in der idealen Position dem „Otto Normalfahrer“ eine Stimme zu geben. Hierzu muss er dann aber auch wirklich versuchen, seine Mitglieder zu erreichen, diesen eine Stimme geben und das Ganze nachvollziehbar und transparent zu gestalten.

Tests und Zertifikate des ADAC wurden wie Gottesurteile verkündet. Es ist wohl an der Zeit, dass nun für alle nachvollziehbar wird, warum diese Ergebnisse gut sind. Die Stiftung Warentest macht das seit Jahrzehnten gut. Ein Beispiel für den ADAC.

Anspruch an die eigene Funktion. Wofür steht der ADAC? Was macht den ADAC zu einem attraktiven Verein? Nur seine Dienstleistungen? Dann ist er eine Firma. Warum brauchte den Verein? Das gesamte Konstrukt des ADAC ist eine Chimäre, die sich nicht aus sich selbst heraus, sondern nur aus seinen Motiven heraus erklären läßt. Und hier liegt der größte Reformbedarf. Die Mitglieder vermuten reines Gewinnstreben, die Außenstehenstehenden können den ADAC nicht von einer anderen Lobbyorganisation unterscheiden. Stimmt das Gewinnstreben, sollte der ADAC sich als Firma neu gründen, und allein mit den Einnahmen aus den Dienstleistungen leben. Ist der ADAC ein Organ für seine Mitglieder, muss er mehr sein, als ein Sprachorgan, dass die Sprache nutzt, seine Geschäfte zu fördern.  Und genau hier liegt ja auch der Ärger der Mitglieder. Der ADAC weiss gar nicht, was die Mitglieder wollen.

Aber selbst wenn der ADAC sich auf den Weg zur Selbstneuerfindung macht. Wer beim ADAC genießt das Vertrauen der Mitglieder, diesen Wandel auch glaubwürdig zu wollen und gleichzeitig die Stärke ihn in der Organisation (oder sollte man lieber sagen in den Königreichen des ADAC) durchzusetzen?

Kategorie: Mobilität, Verkehr | Tags:

Wem hilft der Gewinn der Deutschen Bahn?

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Seit der im letzten Jahrhundert begonnenen Privatisierung von Staatseigentum gibt es noch ein Monolith in diesem Bereich: die Bahn. Es vergeht kaum ein Tag über einen Artikel über das Marktgebaren der Bahn, Verspätungen und Investitionsstaus, verfehlter Personalpolitik und die Frage ob zu viel Geld „gewonnen“ wird statt investiert.

Dazu die Frage: woher kommt der Gewinn eigentlich? Sind das unsere Ticketpreise für die ICE Fahrt? Sind das die Kosten für die Monatskarte im Regionalverkehr?

Und wenn ja, wohin sollte das Geld fließen? Also der Gewinn?

In einer idealen Welt würde die Bahn sich genötigt sehen, ihren Gewinn dort zu investieren, wo Kundenverlust droht. Und damit dort automatisch dafür sorgen, dass der Service der Bahn den allgemeinen Marktanforderungen entspricht. Aber es gibt keinen Markt. Ein Großteil des Regionalverkehres werden per Ausschreibung über mehrere Jahre vergeben und wirken dann wie Monopole. Zwar gewinnen immer mehr andere Unternehmen Marktanteile im Regionalmarkt, aber wie? Durch Kampfpreise, die wenig kostendeckend sind. Und wer regelt die Nachfrage? Sind das die Kunden? Nein. Beim Regionalverkehr sind das die Bundesländer, die die Verkehrsleistung ausschreiben und damit auch festlegen, wann wieviel Zug im Regionalverkehr fährt. Damit ist der Kunde, der den Zug dann nutzen soll, vollkommen aus dem Prozess raus. Es gibt also keine Markt.

Wenn aber der Markt notwendig ist, um die Unternehmen für gutes Handeln (also dem Nachfrager entsprechenden Angebotes durch Investition des Gewinnes) zu belohnen, und damit Anreize zu bieten sich am Nachfrager zu orientieren, dann ist ein Fehlen eines solchen Marktes auch der Grund für die von uns allen erlebte Misere im Bahnangebot. Und wenn also schon der Markt nicht funktioniert um das Angebot den Marktbedürfnissen hin gerecht zu gestalten, wie siehts denn mit den Preisen aus? Im Fernverkehr gibt es erst jetzt den Bus, als billige Konkurrenz und schon seit längerem den Flug für bestimmte Verbindungen. Aber im Regionalverkehr werden die Preise ebenfalls vorher festgelegt. Auch in Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden. Eine Belohnung für ein gutes Angebot entsteht so nicht. Denn so steht schon vorher fest, wer wieviel Geld bekommt.

Und nun zur Frage: wenn also mein Gewinn schon vorher klar ist. Und das Unternehmen selbst keinen Einfluss darauf hat, durch Anpassungen (Kunden würden sagen Verbesserung des eigenen Angebotes gegenüber den Angeboten anderer Marktteilnehmer) mehr Gewinn zu machen, wie das im Regionalverkehr der Fall ist. Und auch sonst wenig Konkurrenz habe, wie das im Fernverkehr der Fall ist. Wie rechtfertigt sich dann der Gewinn des Unternehmens. Im Regionalverkehr doch nur dadurch, dass es mir gelungen ist, den Ländern einen höheren Preis für die von den Ländern geforderte Leistung abzutrotzen, als tatsächlich an Kosten entsteht. Im Fernverkehr durch die Ausnutzung des fehlenden Marktes.

Kurz: Ein Gewinn bei der Bahn entsteht nicht durch erfolgreiches Agieren der Bahn am Markt. Den gibt es nicht. Sondern durch Ausnutzung von einer Monopolstellung in Verbindung mit wettbewerbswidrigen Maßnahmen.

Volkswirtschaftler argumentieren gern, dass überall dort, wo kein Markt besteht, der Preis eines Produktes nicht optimal ist. Man muss in der Regel mehr zahlen als eine Leistung oder ein Produkt wert ist. Anders herum: man erhält weniger Leistung oder Produkt für sein Geld, als möglich wäre.

Wenn dem so ist, ist der Gewinn der Bahn der Schaden der Volkswirtschaft. Warum also nicht einfach den Gewinn einstreichen, wieder in die Bahn stecken um irgendwann wenigstens das bestehende, schlechte Angebot zu verbessern?

Nur: wer entscheidet über das Wo und Wie der Verbesserung? Normalerweise der Markt. Aber der ist ja nicht… da… also? Wie kriegen wir das hin?

Ideen oder Vorschläge können Sie gern hier posten oder Ihrem Bundestagsabgeordneten schreiben…

Kategorie: Bahn fahren, Verkehr

Mobilität in der Zukunft – nicht mehr finanzierbarer Luxus?

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Mit einem interessanten Artikel führt der Tagesspiegel in den Diskurs um die Mobilitätsfragen von Grosstädten ein.

Das ein Mix her muss, ist nicht mehr abzustreiten: wenn alle nur noch Auto fahren, wird niemand mobiler. Gleiches gilt für den ÖPNV – der bricht jeden Winter zusammen, weil dann mehr die schneebedeckten Strassen meidet in der Hoffnung, mit der Bus und Bahn besser dran zu sein. Hoffnung.

Immer wieder ist es die Frage nach der Finanzierung, die den Ausbau des ÖPNV oder Alternativen dazu verhindern. Denn eine City Maut trifft den mittelständischen Autobesitzer mehr als den der die Luxuskarosse nutzt. Das macht zwar die Statistik schön, grenzt aber genauso eher bestimmte Personengruppen von der Mobilität aus, wie die Erhöhung der Fahrpreise des ÖPNV, wenn dieser sich damit Geld für den Ausbau beschaffen muss.

Die Kapazitäten sind überall an den Grenzen angelangt: ich sitze grad in Köln und hier scheint es keine Luft nach oben zu geben. Wenn mal mehr Kapazitäten gebraucht werden, ist das Chaos vorprogrammiert: Spiel des 1. FC? Die Strassenbahn ist hoffnungslos überfordert. Die Zuschauer pilgern dann auf der Aachener Straße in Richtung Innenstadt.

Fällt mal eine Regionalbahn zwischen Bonn und Köln aus kann die Strassenbahn es nicht auffangen – die Bahn auch nicht. Die nachfolgenden Züge sind hoffnungslos überfüllt und es müssen immer Leute auf dem Bahnhof zurückbleiben.

Es gibt in Köln und in Bonn interessante und ehrgeizige Bemühungen um mehr Fahrradwege oder zumindest weniger Risiko beim Fahrradfahren. Da kommt es zum nächsten Phänomen: einige Strassen und Gegenden sind super ausgebaut, um diese fast schon paradiesischen Verkehrsinseln liegen riesige Areale im Nirvana des „Investitionsstaus“. Das sind Bereiche in denen seit Jahren kein Spaten mehr in die Hand genommen wurde, um diese Verkehrswege von Verschleiss zu befreien und gleichzeitig an aktuellen Bedürfnissen anzupassen. Und so unregelmäßig, wie man wieder mal an Geld kommt, so ungeordnet gehts dann mit dem Ausbau auch weiter…

Ich sehe in einer Stadt wie Bonn zum Beispiel folgendes Problem: viele dort fahren einen Dienstwagen – das heisst Kosten, die dort ansetzen, erreichen die Unternehmen – nicht die benutzer. Daneben wohnen viele Bonner, wegen der Wagen, auch nicht in der Stadt, sondern dort, wo man sich ein Einfamilienhaus hinsetzen konnte. Was regelmäßig dort ist, wo der ÖPNV kein Angebot bereit hält.

Im Berlin Anfang des 20. Jahrunderts wurde ein Streckenplan für die S-Bahn der Stadt gemacht und das Sternkonzept gebildet. Dh. man hat Trassen strahlenförmig ins Umland geplant. Entlang der Trasse wurden Baugrundstücke billiger angeboten. Zwischen diesen Strahlen lagen dann Bereiche, die man nicht für Bebauungen freigegeben hatte – grüne Inseln, die dann als Naherholungsgebiete und ähnliches vorgesehen waren. So ging es auch mit der U-Bahn. Die Strecke Richtung Ruhleben fuhr ab 1915 über den heutigen Theodor Heuss Platz hinaus – nur standen damals dort noch keine Häuser. Diese kamen erst danach.

In der Hochzeit dieses Konzeptes, den 30ern erntete man dann den Erfolg: ein Nahverkehrssystem das täglich 15 Millionen Fahrgäste beförderte – eine Zahl die wir heute in Berlin nicht mehr erreichen. Auf dem Ring fuhren die S-Bahnen im niedrigen minutentakt – auch ein Traum aus heutiger Sicht. Und als die Olympiade Berlin mit Massen von Besuchern voll machte – der ÖPNV war dem gewachsen.

Aber die Jahre der Umkehr mit dem Blick auf das Auto lassen sich nicht so schnell wieder rückgängig machen. Das Beispiel Berlin zeigt nur, dass Stadtplanung einen langen Atem braucht. Wenn wir heute also Umsteuern kann es nicht um „der große Wurf“ in 5 oder 10 Jahren gehen – sondern der Plan muss konsequenterweise in kleinen Etappen und auf ein viel langfristigeres Ziel von 20-30 Jahren ausgerichtet sein. Der Vorteil: ich kann in kleinen Schritten meinem Ziel entgegen planen und dafür möglicherweise den Wandel in der Stadt zum Anlasse nehmen, in dem ich dort anpasse, wo ohnehin gebaut wird. Zur Finanzierung solcher Vorhaben muss man sich dennoch zusätzliche Mittel für die Stadtkassen beschaffen können. Der Fahrschein ist da ein eher ungeeigneter Weg, da damit das Auto gestärkt wird. Die Maut verbannt die Mittelschicht aus der Stadt. Früher haben die Städte den öffentlichen Nahverkehr durch Gewinne bei der Energieerzeugung querfinanziert. Dank entschlankter Haushalte ist das nicht mehr möglich.

Woher soll das Geld kommen, um über so lange Zeiträume die Mobilität in Städten zu wandeln und damit zu erhalten? Aus meiner Sicht sind dies drei Bereiche: moderate Anpassung der Fahrpreise, damit die ÖPNV Unternehmen die Wartung ihrer Infrastruktur hinbekommen, und nicht jeder Wintereinbruch mit dem Einbruch der Verkehrsleistung einhergeht. Einführung einer City-Maut gestaffelt nach Fahrzeugklassen. Kleinwagen zahlen weniger als die mondänen SUVs. Damit wird jeder, der sich den Luxus gönnt entsprechend zur Kasse gebeten. Streichung der Kilometerpauschale für Fahrtwege unter 10km. Wer so nah am Arbeitsplatz wohnt, muss das Auto nicht benutzen. Man kann hier Ausnahmen für Familien machen. Da diese aber ohnehin ins Umland ziehen, und damit eher jenseits der 10km Grenze, dürfte das dort kein Thema sein. Das Geld das hier eingespart wird, kann man dann in günstige ÖPNV Tickets für Hartz 4 oder Schüler und Senioren stecken.

Aber eine Sache fehlt dann noch: da solche Entwicklungen mehrere Legislaturperioden dauern, muss es einen Weg geben, nicht gleich bei jedem Widerstand den Plan zum Opfer des nächsten Wahlkampfes zu machen. Damit siegt dann das kurzfristige Spiel um den Machterhalt und der Machtgewinnung gegen das langfristige Ziel mit dem Ergebnis, dass keine Maßnahme konsequent ihr Ziel erreicht und alles so bleibt wie es bereits ist. Und dafür habe ich im Moment auch keine Idee, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung vereinbar wäre…