Aktuell macht ein Buch von sich reden: Die Rüpel-Republik. Das Buch ist provokant, regt Diskussionen im Radio und wahrscheinlich demnächst auch in Talkshows an.
Und ich hab mich gefragt, ob das stimmt.
Und das ist mein Ergebnis:
7:45 Uhr – keine Uhrzeit, zu der die Menschen dringend wach und freundlich sind. Der Zug ist dick gepackt. Alle Plätze in dem Abteil für Fahrräder sind besetzt. Aber auf die Frage, ob etwas Platz gemacht werden kann, damit die Fahrräder nicht im Gang stehen müssen, stehen bereitwillig und ohne zu murren alle auf. Kein Stress, kein Gemecker, alles ganz im Sinne der Gemeinschaft.
8:10 Uhr – auf der Strasse fahre ich mit meinem Fahrrad einen kleinen Hügel hinauf. Am Hügel ein Zebrastreifen über den ein junger Mann läuft. Als ich mich auf den Zebrasteifen vorbewege winkt mich der junge Mann heran. Er bedeutet mir, dass ich nicht extra bremsen muss und er mir den Vortritt läßt. Ich fahre und danke freundlich.
Vor ein paar Tagen auf einer Kreuzung. Ich muss dringend über die Kreuzung um meinen Zug zu erwischen, von allen Seiten strömt der Verkehr. Da kommt eine Strassenbahn. Die Fahrerin erkennt meine Not, hält den Zug vor der Kreuzung und blockiert den Verkehr so, dass ich rüber huschen kann.
Dann die vielen Kleinigkeiten: mir wird die Tür aufgehalten, Polizisten lassen mich ein paar Meter mit dem Fahrrad auf dem Bahnsteig fahren, damit ich meinen Zug noch kriege…
Irgendwie finde ich viele Erlebnisse im Alltag, die eigentlich nicht den Eindruck machen, als sei ich nur umgeben von Rüpeln. Viel eher ist es so, dass wir vielleicht die vielen kleinen Gesten im Alltag viel zu schnell vergessen oder gar als Selbstverständlichkeit hinnehmen. Und vielleicht bleiben die paar Erlebnisse, die das Klischee der Rüpel-Republik einfach besser im Hirn haften, als die vielen Freundlichkeiten im Alltag.