Archiv für den Tag: 11. März 2013

Tatortgetwitter…

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Jeden Sonntag gönne ich mir das neudeutsche „Second Screen“-Erlebnis.

Tatort hat eine feste Twitter-Fangemeinde, die sich sehr kritisch mit jeder Wendung der Handlung und allem drumherum eines jeden Tatorts auseinander setzt. Das hat manchmal Witz, ist oft profan und gibt aber zuverlässig die Einstellung wieder, die die reine Einschaltquote nicht wiedergibt.

Gestern hat nun Till Schweiger seinen ersten Tatort geliefert. Und das nicht mal schlecht: es ging actionreich zu, war ein wenig selbstironisch und bis auf eine sehr unglaubwürdig in Szene gesetzte Staatsanwältin, hielten sich die anderen Kreativitäten der Drehbuchschreiber im Rahmen der gängigen Klischees und Formen der aktuellen Krimi-Kunst. Vergleiche mit „Die Hard“ kamen öfter, sind aber falsch: „Die Hard“ war eine auf Spannung und Action ausgelegte Materialschlacht. Tatort will aber mehr: intelligente, knifflige Ermittlerarbeit (zum Mitgrübeln), sozialkritische Realitätsaufarbeitung (für den Bildungsauftrag) und gebrochene Ermittlerfiguren (für das „Leute wie Du und Ich“-Gefühl) in kritischen Privatlebensituationen (für das „Die kochen auch nur mit Wasser“-Gefühl) zeigen.

Damit kann man sich deutlich schlimmer verheben, als der Tatort gestern. Aber die Twittergemeinde lästerte mehr oder weniger nur an Schweiger rum. Dabei sei hier mal eine Lanze für den Herrn gebrochen: er hat versucht, den Redakteuren beim ARD mal ein wenig mehr Freiheiten abzuluchsen, als den Schreiberlingen sonst im Tatort gewährt werden. Mehr Experiment im Tatort führt automatisch auch zu mehr „Schwund“. Nicht jede kreative Idee ist auf der Mattscheibe auch noch cool.

Aber wenn das nun endlich dazu führt, dass mehr experimentiert wird, dann war das gestern tatsächlich ein guter Tatort, einer nämlich der allen Tatortschreibern mehr Freiheiten gibt.

Ich freue mich auf Borowski, ärgere mich inzwischen über Münster, weil der Handlung nur noch gegen Humor tauscht und sah mal die Lindholm gern. Ich finde die Rostocker Kollegen des Polizeirufs sehr gut, hab noch nie was mit den Berlinern anfangen können. Auch bei Borowski und den Rostockern twittere ich, aber da aus der Lust am Teilen. Bei den anderen um mich zu amüsieren.

 

Kategorie: Internet

Elend der Orientierungslosigkeit…

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Es scheint fast ein Jahrhundert her, dabei sind es gerade mal 12 Jahre, als ich das erste Mal auf der Cebit war und dort ein Spektakel ungeheuren Ausmaßes miterlebte. Jeder musste mit seinem Stand und seine Produkte dort vertreten sein, es gab jede Menge Eimer, in die man seine Visitenkarte packte und jede Menge Termine mit gut gekleideten, total hippen Leuten, die die neue eierlegende Wollmilchsau vermarkten wollten (richtige Erfinder traf man damals selten, ebensowenig wie Leute mit echten Branchenkenntnissen). Und irgendwie fragte man sich schon damals, was ist das für ein Zirkus?

Mein Freund hatte am Stand von Siemens seinen Dienst zu verrichten, gleich gegenüber dem Stand von T-Mobile. Der T-Mobile Stand war in Kooperation mit Viva (seit wann ist Viva nicht mehr auf der Cebit oder anders herum, was wollten die eigentlich jemals da?) offenbar angetreten, alle umliegenden Hallen zu beschallen. Mein Freund hatte eine harte Woche neben den kreischenden Teens und den lärmenden Bands. Nicht das es ansonsten leise zuging – jeder Stand machte irgendwie Tamtam… Die Mischung hats dann auch nicht besser gemacht.

Und was kam bei einem solchen Cebit Besuch raus? Vertriebskontakte. Und meist nicht mal das. Oft waren enttäuschende Folgemeetings die Konsequenz, in der die vollmundigen Messeversprechungen langsam den Fakten wichen.

Aus meiner Sicht hat sich bis heute nicht viel an der Situation geändert. Die Cebit war damals eine Messe ohne Profil, und ist es bis heute geblieben. Wenn die Veranstalter von mehr Qualität statt von Quantität schwärmen ist das in der Tat zu begrüßen, aber es fehlt immer noch die Lösung zur Frage: welche Qualität strebt die Cebit an? Wer soll sich dort heimisch fühlen? Die Jungs von IBM? Die unzähligen Softwareschmieden? Startups, die zwischen beiden Welten pendeln? Die Mobilfunker, die gerade erst Barcelona hinter sich haben?

Wenn nun die Veranstalter sagen, sie haben eine höhere Entscheiderdichte, und mit dem Schwerpunkt auf Startups sind sie auf dem richtigen weg, klingt es für mich wie eine Presserklärung eines Startups im Abschwung des Internethype vor 12 Jahren.  Die haben sich nicht geändert.

Kategorie: Internet