Fahrradfetisch

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Ich bin jeden Tag mit dem Fahrrad unterwegs. Da wundert es nicht, wenn man bei der Auswahl des Rades ein wenig mehr Sorgfalt walten läßt als vielleicht andere, die ihr Rad nur gelegentlich nutzen.

Dabei scheint es bei Radfahrern jedoch typisch zu sein, diese Sorgfalt zu übertreiben. Ich analysiere hier mal die drei auffälligsten Krankheitsbilder des „Fahrradfetisch“:

Edelradfetisch

Edelräder werden häufig von Menschen gekauft, die ihr Rad selten oder nur nutzen. Dafür wird das Fahrrad wie der Schatz der Nibelungen behandelt. Nur auserlesenste Einzelteile und Sonderanfertigungen kommen in Frage. Gern darf so ein Fahrrad den Preis eines mittleren Gebrauchtwagens verschlingen – man ist es sich wert. Oft kombiniert der Typ die eigene Bekleidung mit ebensolchen Anforderungen.  Dabei kommt es oft zu stilistisch fragwürdigen Erscheinungen: das hochmoderne Tour-de-France-taugliche Rennrad. Drauf sitzend in der Bekleidung des Lieblingsteams ein leicht übergewichtiger Fahrer, der darin eher aussieht wie eine Presswurst. Die Geschwindigkeit ist dabei oft gut haltbar auch für jene, die grad ihr Klapprad wiederentdeckt haben. Der Grund dafür ist aber oft nicht mangelnde Kondition oder Training, sondern oft das Gefolge, bestehend aus Ehefrau/Freundin, die sich auf einem deutlich älteren Modell abmüht, die Begeisterung des Vorfahrers zu teilen.

Fahrradprofi

Nutzt sein Fahrrad nicht nur zum Lebenserwerb, sondern gestaltet den Tag rund ums Fahrrad. Alles wird mit dem Fahrrad erledigt, alles am Fahrrad ist darauf ausgerichtet, alltagstauglich zu sein. Während dieser Typ durch professionelle Zurückgenommenheit auffällt, liegt der Fetisch hier in der Einstellung: alles muss fahrradtauglich sein. Es wird ständig ein Verteilungskampf um den knappen Strassenraum mit Autos, Bussen, Taxifahrern und Fußgängern gekämpft.  Die hierbei begangenen Ordnungswidrigkeiten und Strafverstöße werden als Notwehr bewertet.

Fahrradprotzer

Das Fahrrad wird als Schmuckstück gern vorgeführt und zur Bewunderung freigegeben. Oft mit dem Edelradfetisch verwechselt, ist dieser Typ dadurch unterscheidbar, dass er dabei sein Fahrrad in einem Zustand für ein filigranes Kunstwerk betrachtet und behandelt, dem Berührung und Benutzung Schaden zufügen können. Ebenso, wie Sammler ihre Stradivari immer unter Glas halten und nicht mehr Benutzen, ist dieser Typ eher auf das Ausstellen, als auf das Nutzen seines Fahrrades aus. Interessanterweise ist dieser Typ gleichzeitig verschwenderisch, was das Fahrrad angeht, und sparsam, was alle anderen Lebensbereiche betrifft. So kann es vorkommen, diesen Typ in der Bahn zu treffen, und zu beobachten, wie dieser ein ganzes Radabteil für sich und sein Fahrrad blockiert, nur um sicher zu stellen, dass die anderen Räder dem eigenen keine Schramme oder anderen Schaden zufügt („Vorsicht, die Felge ist grad neu gerichtet worden…“).

Ich bin nur ein Amateur was solche Beobachtungen angeht. Wenn Sie noch weitere Typen kenne, würde mich ein Kommentar sehr freuen!

Kategorie: Mobilität, Verkehr

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